Warum moderne Filme schwer zu verstehen sind – und alte Klassiker klarer klingen

Warum versteht man Hans Moser besser als den Tatort-Kommissar?

Wenn der Fernsehabend zur Hörverständnisprüfung wird

Sonntagabend. Zeit für den „Tatort“. Man freut sich auf Spannung, raffinierte Dialoge und vielleicht ein bisschen Gänsehaut. Doch was passiert? Statt Nervenkitzel gibt’s Genervtheit. Die Kommissare nuscheln, die Hintergrundmusik wummert, und man fragt sich spätestens bei der dritten Szene: „Hat der das jetzt wirklich gesagt – oder war das ein Mückenschwarm auf der Tonspur?“ Viele Zuschauer kapitulieren irgendwann und schalten die Untertitel ein – wenn sie überhaupt noch dranbleiben.

Und dann kommt irgendwann ein alter Hans-Moser-Film aus den 50ern. Schwarz-weiß, wienerisch, ein wenig verstaubt. Aber siehe da: Man versteht jedes einzelne genuschelte Wort. Ironischerweise sogar das, was nicht ganz deutlich gesprochen wird. Wie ist das möglich?

Die Sprachmisere des modernen Fernsehens

Moderne Produktionen arbeiten mit komplexen Tonmischungen. Da wird nicht einfach „aufgenommen, was gesagt wird“. Nein, da wird geschichtet: Musik, Umgebungsgeräusche, Effektspur, Atmo, ein bisschen Wind hier, ein paar Schritte da – und irgendwo dazwischen: der Dialog. Leider oft so leise, als würde er sich schüchtern entschuldigen, überhaupt da zu sein.

Dazu kommt, dass TV-Ton heute oft im 5.1-Format produziert wird. Das ist für Leute mit Heimkino-Anlage ein Fest. Für alle anderen – also den Großteil der Bevölkerung – ist es eher wie ein ungewolltes Hör-Experiment. Denn wer keinen Center-Lautsprecher hat (wo die Sprache eigentlich ausgegeben wird), hört vom Dialog vor allem das, was nichtgesagt wird. Nämlich: nichts Verständliches.

Alte Filme, alte Schule – und klarer Ton

Früher war nicht alles besser – aber vieles lauter. Zumindest sprachlich. Schauspieler wie Hans Moser, Theo Lingen oder Gustl Bayrhammer (für die Jüngeren: das war der Tatort aus München, als man noch „Guten Tag“ sagte) wurden so inszeniert, dass jedes Wort zählte. Die Mikrofone waren nicht versteckt irgendwo am Hemdkragen oder unterm Revers geklebt – sie waren da, wo sie hingehörten: vor dem Mund.

Die Sprache war das zentrale Element. Musik? Gab’s auch. Aber leise. Geräusche? Klar. Aber nicht so, dass man denkt, man sei live in einem Flugzeugtriebwerk. Dialoge waren damals keine Soundkulisse, sondern Informationsträger. Heute wirken sie oft wie eine Art Geheimcode für Leute mit Spezialausbildung.

Das betrifft viele – aber niemand redet drüber

Das größte Problem: Es geht nicht nur um Menschen mit Hörproblemen. Auch Menschen mit völlig intaktem Gehör fragen sich regelmäßig, ob es an ihrem Fernseher liegt – oder am Drehbuch, das anscheinend keine Pausen oder Betonungen mehr kennt. Laut einer Umfrage der Bitkom verwenden rund ein Drittel der Zuschauer regelmäßig Untertitel. Nicht, weil sie schlecht hören, sondern weil sie einfach nichts verstehen.

Besonders absurd: Wir reden ständig über Barrierefreiheit – aber wenn es ums gesprochene Wort im TV geht, scheint das Interesse zu enden. Als wäre der Zugang zu verständlicher Sprache kein Grundrecht. Die Lösung? Technisch gesehen wäre sie einfach:

  • Tonmischung für die Zielgruppe anpassen – also nicht fürs Kino, sondern für Wohnzimmerlautsprecher.
  • Optionale Tonspuren mit Dialogfokus anbieten (gibt es in England längst).
  • Bessere Schulung der Tontechniker für alltagsgerechte Abmischung.
  • TV-Geräte, die Sprache gezielt hervorheben (einige Soundbars bieten das inzwischen an).

Aber stattdessen: weiter wie bisher. Hauptsache, der Tatort wirkt möglichst authentisch. Dass der Zuschauer dabei nicht mehr mitkommt – Nebensache.

Und warum ist das ärgerlich?

Weil es schlicht unnötig ist. Es gibt keinen technischen Grund, warum Fernsehton so schlecht sein muss. Es ist eine Frage der Entscheidung – und der Haltung gegenüber den Zuschauern. Wer auf verständliche Sprache verzichtet, schließt Menschen aus: Ältere, Hörgeschädigte, Kinder, Nicht-Muttersprachler – und alle, die abends einfach nur mal in Ruhe einen Film schauen wollen, ohne Detektivarbeit mit den Ohren zu leisten.

Fazit: Mehr Hans Moser, weniger akustisches Chaos

Wenn man einen Film aus den 1950ern besser versteht als eine aktuelle Sonntagabendproduktion, stimmt etwas nicht. Und nein – das liegt nicht am Alter des Zuschauers, sondern am Zustand der Tonspur. Wer sich Mühe mit Bild, Kamera, Musik und Ausstattung gibt, sollte auch das Rückgrat jeder Erzählung nicht vergessen: die Sprache.

Bis sich das ändert, bleibt nur eins: Untertitel an, tief durchatmen – oder doch lieber Hans Moser. Da weiß man wenigstens, was man nicht versteht. Und das ist oft noch klarer als das, was man heute angeblich hören soll.

Schwerhörigkeit im Alter: Warum gutes Hören auch das Gedächtnis schützt

Altersbedingte Schwerhörigkeit ist keine Bagatelle

Altersbedingte Schwerhörigkeit (Presbyakusis) betrifft etwa ein Drittel der Menschen über 65 Jahre. Dabei handelt es sich nicht um eine Erkrankung im klassischen Sinne, sondern um eine fortschreitende Abnahme der Hörfähigkeit, die in der Regel beide Ohren betrifft. Die Ursachen sind vielschichtig: genetische Veranlagung, Durchblutungsstörungen im Innenohr, Lärmexposition im Lebensverlauf und degenerative Prozesse im zentralen Hörsystem spielen eine Rolle.

Was passiert im Ohr?

Im Innenohr befinden sich Haarzellen, die Schallreize in elektrische Signale umwandeln. Mit zunehmendem Alter sterben diese Zellen langsam ab. Auch die sogenannten Bändersynapsen, die die Haarzellen mit dem Hörnerv verbinden, verlieren an Effizienz. Neue Studien belegen, dass selbst geringe Lärmexpositionen im Alltag zu Mikroschäden führen können. Dieser schleichende Prozess bleibt oft lange unbemerkt.

Schwerhörigkeit und kognitive Leistung

Aktuelle Studien zeigen eine enge Verbindung zwischen Schwerhörigkeit und dem Risiko für kognitive Beeinträchtigungen bis hin zur Demenz. Eine zentrale Hypothese lautet: Wenn das Gehirn dauerhaft unterfordert ist, weil Hörinformationen fehlen oder unzureichend verarbeitet werden, schrumpfen Areale, die eigentlich für das Sprachverstehen zuständig sind. Zudem steigt die allgemeine kognitive Belastung, weil Betroffene versuchen, Gespräche trotz eingeschränkter Hörleistung zu verstehen.

Studienlage

Laut einer vielbeachteten Metaanalyse von Lin et al. (2011) steigt das Demenzrisiko mit dem Grad der Schwerhörigkeit: Leichte Hörminderung geht mit einem um ca. 20 Prozent erhöhten Risiko einher, bei starker Schwerhörigkeit steigt es auf über 80 Prozent. Eine deutsche Studie aus dem Jahr 2023 (Hesse et al.) bekräftigt diese Ergebnisse. Besonders relevant: Hörgeräte können diesen Prozess verlangsamen.

Warum Hörgeräte so selten genutzt werden

Trotz eindeutiger Vorteile trägt nur ein Teil der Betroffenen tatsächlich ein Hörgerät. Gründe sind unter anderem Scham, mangelnde Aufklärung, schlechte frühere Erfahrungen oder unzureichende Anpassung. Dabei ist belegt: Eine gute Hörgeräteversorgung verbessert nicht nur das Sprachverstehen, sondern kann auch die Lebensqualität und soziale Teilhabe deutlich steigern.

Der Zusammenhang mit Demenz

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat unbehandelte Schwerhörigkeit als einen der wichtigsten modifizierbaren Risikofaktoren für Demenz identifiziert. Sie empfiehlt, bereits ab dem 50. Lebensjahr regelmäßige Hörtests durchführen zu lassen. Frühzeitig erkannte Hörminderungen lassen sich oft mit einfachen Mitteln kompensieren.

Hörtraining und kognitive Reserve

Neben technischen Hilfsmitteln wie Hörgeräten rückt zunehmend auch das Hörtraining in den Fokus. Ziel ist es, das Gehirn gezielt zu trainieren, um Hörinformationen besser zu verarbeiten. Studien deuten darauf hin, dass dies auch positive Effekte auf die sogenannte kognitive Reserve haben kann. Je größer diese Reserve, desto besser kann das Gehirn altersbedingte Veränderungen kompensieren.

Fazit

Schwerhörigkeit im Alter ist mehr als ein „leiser“ Verlust. Sie kann weitreichende Folgen für das Gehirn, das soziale Leben und die Lebensqualität haben. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung sind entscheidend, um Folgeerkrankungen zu vermeiden. Regelmäßige Hörtests, gut angepasste Hörgeräte und gegebenenfalls ein gezieltes Hörtraining können helfen, geistig fit zu bleiben.


Quellen:

  • Hesse G. et al., UPDATE HNO 2024/2025
  • Lin F.R. et al., Arch Neurol. 2011;68(2):214-220.
  • WHO-Bericht: Risk Reduction of Cognitive Decline and Dementia, 2019

 

 

Morbus Menière – Unterstützung durch Ernährung, Mikronährstoffe & Heilpflanzen

Der Morbus Menière zählt zu den eher seltenen, aber für die Betroffenen sehr belastenden Erkrankungen des Innenohrs. Typisch ist das Auftreten anfallsartiger Schwindelattacken, begleitet von Ohrgeräuschen (Tinnitus), einem Druckgefühl im Ohr und meist einseitiger Hörminderung. Die Ursache ist nicht vollständig geklärt. Vermutet wird eine Fehlregulation des Endolymphvolumens im Innenohr, was zu einem sogenannten endolymphatischen Hydrops führt.

In der klassischen HNO-Medizin stehen medikamentöse und – in schweren Fällen – auch interventionelle Therapien im Vordergrund. Doch zunehmend interessieren sich Patientinnen und Patienten für ergänzende Maßnahmen, um den Körper zu unterstützen. Dieser Beitrag beleuchtet begleitende Optionen aus dem Bereich Ernährung, Mikronährstoffversorgung und Pflanzenmedizin. Dabei ist zu beachten: Die vorgestellten Inhalte dienen ausschließlich der Information und ersetzen keine ärztliche Beratung oder Behandlung.


1. Ziel unterstützender Maßnahmen

Begleitende Maßnahmen haben zum Ziel:

  • Die Häufigkeit und Intensität der Schwindelattacken zu reduzieren,
  • den Allgemeinzustand zu stabilisieren,
  • Stressreaktionen zu dämpfen,
  • antioxidative Schutzmechanismen zu fördern,
  • den Flüssigkeitshaushalt zu regulieren und
  • entzündlichen Vorgängen vorzubeugen.

2. Ernährung: Einfach, aber wirkungsvoll

Die Ernährung kann keinen Schub verhindern, aber Einfluss auf auslösende Faktoren wie Kreislaufinstabilität oder Entzündungsprozesse nehmen.

Empfohlene Grundprinzipien:

  • Salzreduktion: Eine natriumarme Ernährung (z. B. < 1500 mg/Tag) kann helfen, Flüssigkeitseinlagerungen im Innenohr zu minimieren. Verzichtet werden sollte auf stark verarbeitete Lebensmittel, Wurstwaren und salzhaltige Snacks.
  • Ausreichende Flüssigkeitszufuhr: 1,5–2 Liter Wasser oder ungesüßter Kräutertee täglich unterstützen eine stabile Hydratation.
  • Verzicht auf Triggerstoffe: Alkohol, Koffein und Nikotin werden von vielen Betroffenen als Auslöser von Schwindelattacken beschrieben. Hier ist individuelle Beobachtung sinnvoll.
  • Antientzündliche Kost: Gemüsebetonte, mediterrane Ernährungsmuster mit viel Blattgrün, Beeren, Fisch und pflanzlichen Ölen können den oxidativen Stress verringern.

3. Mikronährstoffe: Unterstützung auf zellulärer Ebene

Hinweis: Die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln sollte grundsätzlich mit einer medizinischen Fachperson abgestimmt werden. Besonders bei paralleler Medikamenteneinnahme sind mögliche Wechselwirkungen zu berücksichtigen.

Potenzielle Unterstützer:

  • Ginkgo biloba (standardisierter Extrakt EGb 761): Kann die Mikrozirkulation im Innenohr fördern und antioxidativ wirken. Wird traditionell bei Tinnitus und Schwindel verwendet.
  • Magnesium: Wirkt gefäßerweiternd, entspannend auf die Muskulatur und kann vegetative Reizbarkeit mindern.
  • Vitamin B6 & B12: Wichtig für die Nervenfunktion und Regeneration. Ein Mangel kann zu sensiblen Störungen führen und sollte labordiagnostisch ausgeschlossen werden.
  • Coenzym Q10: Als zellulärer „Energieüberträger“ in den Mitochondrien könnte CoQ10 bei Energiemangelzuständen der Haarzellen unterstützend wirken.
  • Omega-3-Fettsäuren (EPA/DHA): Besitzen entzündungshemmende Eigenschaften, die sich positiv auf das Innenohrmilieu auswirken könnten.

Evidenz: Während einige dieser Mikronährstoffe in kleineren Studien oder Erfahrungsberichten positive Effekte gezeigt haben, fehlen bislang umfassende randomisierte kontrollierte Studien zur Wirkung beim Morbus Menière.


4. Heilpflanzen: Traditionelle Begleiter bei Gleichgewichtsstörungen

Viele Pflanzenstoffe können eine harmonisierende Wirkung auf das vegetative Nervensystem entfalten oder spezifische Symptome wie Übelkeit, Unruhe oder Ohrgeräusche lindern.

Pflanzen mit möglichem Nutzen:

  • Ingwer (Zingiber officinale): Antiemetisch, entzündungshemmend und zirkulationsfördernd. Kann bei schwindelassoziierter Übelkeit unterstützend wirken (z. B. als Tee, Extrakt oder Kapsel).
  • Mistel (Viscum album): In der anthroposophischen Medizin wird Mistel zur Regulation des autonomen Nervensystems genutzt. Die Studienlage zur Wirkung bei Schwindel ist begrenzt.
  • Baldrian & Passionsblume: Unterstützen bei innerer Unruhe, Anspannung und Schlafstörungen, die den Verlauf negativ beeinflussen können.
  • Weißdorn (Crataegus): Fördert die Herzleistung und Durchblutung, was sich günstig auf Kreislaufschwankungen auswirken kann.

Hinweis: Die Selbstmedikation mit Heilpflanzen sollte stets verantwortungsvoll erfolgen. Standardisierte Extrakte sind vorzuziehen. Bei bestehenden Erkrankungen oder Medikamenteneinnahme ist ärztlicher Rat unerlässlich.


5. Stressregulation & Schlaf: Schlüssel zur Stabilität

Morbus Menière reagiert bei vielen Betroffenen sensibel auf psychischen Stress. Eine gute Stressbewältigung kann somit wesentlicher Bestandteil der unterstützenden Behandlung sein.

Empfehlenswerte Maßnahmen:

  • Regelmäßige Bewegung an der frischen Luft
  • Entspannungstechniken (z. B. progressive Muskelentspannung, Atemübungen)
  • Schlafhygiene (regelmäßiger Schlafrhythmus, Bildschirmpause vor dem Zubettgehen)
  • Tagebuch führen: zur Erkennung individueller Auslöser

6. Was sagt die Wissenschaft?

In den letzten Jahren wurde vermehrt untersucht, inwieweit Lebensstilfaktoren und orthomolekulare Ergänzungen Einfluss auf Erkrankungen des Innenohrs nehmen können.

Zunehmend setzt sich die Erkenntnis durch, dass eine multimodale Herangehensweise – bestehend aus medikamentöser Therapie, Lebensstilmodifikation, audiologischer Versorgung und naturheilkundlicher Begleitung – zu besseren Langzeitergebnissen führen kann.


7. Rechtlicher Hinweis

Die in diesem Artikel dargestellten Informationen dienen der allgemeinen Aufklärung und sollen Patienten helfen, sich über begleitende Maßnahmen bei Morbus Menière zu informieren. Sie ersetzen nicht die fachliche Beratung durch einen Arzt oder eine andere medizinische Fachperson. Auch die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln oder pflanzlichen Präparaten sollte stets individuell abgeklärt werden. Es werden keine Heilversprechen abgegeben.


Quellen:

  • Hesse G. „Innenohrschwerhörigkeit und konventionelle Hörgeräte“, in: HNO Update 2024/2025
  • Schmäl F. „Vestibuläre Störungen“, in: HNO Update 2024/2025
  • Mazurek B. „Tinnitus“, in: HNO Update 2024/2025
  • Fischer H.P.A., Dietz D. Antworten auf Ihre Fragen – DMSO & Co., 3. Aufl. 2023

PREDMEN-Studie: Kortison-Injektionen bei Morbus Menière – neue Daten in Sicht

Neue Studie untersucht Kortison-Injektionen bei Morbus Menière

Morbus Menière ist eine Erkrankung des Innenohrs, die sich durch wiederkehrende Schwindelanfälle, Hörminderung, Tinnitus und Druckgefühl im Ohr äußert. Für viele Betroffene bedeuten die Symptome eine starke Einschränkung der Lebensqualität. Neben allgemeinen Maßnahmen wie salzarmer Ernährung und Medikamenten werden auch gezielte Behandlungen mit Kortison direkt ins Mittelohr angewendet – sogenannte intratympanale Injektionen.

Doch wie gut wirken diese Kortison-Injektionen wirklich? Eine groß angelegte neue Studie aus den Niederlanden, die sogenannte PREDMEN-Studie, untersucht nun diese Frage auf hohem wissenschaftlichem Niveau.


Worum geht es in der PREDMEN-Studie?

Die PREDMEN-Studie (The PREDnisolone in MENière’s Disease trial) ist eine Phase-3-Studie mit dem Ziel, die Wirksamkeit von intratympanalem Methylprednisolon im Vergleich zu einem Placebo (Kochsalzlösung) zu beurteilen. Sie wird in sechs Krankenhäusern in den Niederlanden durchgeführt und ist als doppelblinde, randomisierte und placebokontrollierte Studie konzipiert – dem Goldstandard klinischer Forschung.

Insgesamt sollen 148 Patientinnen und Patienten mit einseitigem Morbus Menière in die Studie aufgenommen werden. Sie erhalten entweder eine Injektion mit Kortison (Methylprednisolon 62,5 mg/ml) oder eine Injektion mit Kochsalzlösung – jeweils zu Beginn der Studie und erneut nach zwei Wochen.


Was wird genau untersucht?

Ziel der Studie ist es, herauszufinden, ob die Kortison-Injektionen die Anzahl und Schwere der Schwindelanfälle reduzieren können. Dabei wird die Häufigkeit der Attacken über ein Jahr hinweg beobachtet.

Die wichtigsten Punkte im Überblick:

  • Zielgröße: Anzahl der Schwindelanfälle pro Patient.
  • Messung: Mit Hilfe einer App („DizzyQuest“) erfassen die Teilnehmenden ihre Beschwerden täglich.
  • Weitere untersuchte Faktoren:
    • Hörvermögen
    • Tinnitus-Belastung
    • Lebensqualität
    • Nebenwirkungen und Sicherheit
    • Notwendigkeit zusätzlicher Behandlungen
    • Wirtschaftlichkeit (Kosten-Nutzen-Verhältnis)

Warum ist diese Studie wichtig?

Bisherige Studien zu diesem Thema waren oft klein und methodisch schwach. Eine Cochrane-Übersichtsarbeit aus der Vergangenheit wies explizit darauf hin, dass eine größere, gut durchgeführte Studie dringend notwendig sei. Die PREDMEN-Studie erfüllt nun genau diese Anforderungen.

Die Ergebnisse werden helfen zu klären, ob intratympanales Kortison eine sinnvolle Behandlungsoption bei Morbus Menière ist – und für welche Patienten besonders.


Wie funktioniert eine intratympanale Kortison-Injektion?

Bei dieser Behandlung wird eine kleine Menge Kortisonlösung direkt durch das Trommelfell in das Mittelohr eingebracht. Dort kann der Wirkstoff über das sogenannte „Rundfenster“ ins Innenohr gelangen. Die Injektion erfolgt in der Regel ambulant unter lokaler Betäubung. Der Eingriff dauert nur wenige Minuten und ist wenig belastend.


Was erwartet man sich von der Behandlung?

Kortison soll durch seine entzündungshemmende Wirkung eine Reizung des Innenohrs lindern und dadurch die Schwindelattacken reduzieren. Im Unterschied zu Gentamicin (einer alternativen Therapie, siehe vorheriger Blogartikel) ist das Risiko für eine Hörverschlechterung deutlich geringer. Es handelt sich also um eine vergleichsweise schonende Option.


Wann sind erste Ergebnisse zu erwarten?

Die Patientennachbeobachtung dauert insgesamt zwölf Monate. Erste Ergebnisse könnten frühestens Ende 2025 veröffentlicht werden. Da es sich um eine hochwertige Studie handelt, werden ihre Daten voraussichtlich in Fachzeitschriften publiziert und auf internationalen Kongressen vorgestellt.


Was bedeutet das für Betroffene?

Die PREDMEN-Studie liefert hoffentlich bald verlässliche Daten darüber, wie wirksam Kortison-Injektionen gegen die Schwindelanfälle bei Morbus Menière sind. Bis dahin bleibt die Entscheidung für oder gegen eine solche Behandlung eine individuelle Frage – abhängig vom Beschwerdebild, bisherigen Therapieversuchen und der Beratung durch den behandelnden Arzt.


Quelle:
Boreel MME, van Esch B, Schermer TR, et al. The effectiveness of intratympanic injections with methylPREDnisolon versus placebo in the treatment of vertigo attacks in MENière’s disease (PREDMEN trial): a study protocol for a phase-3 multicentre, double-blinded, randomised, placebo-controlled trial. BMJ Open. 2024 Aug;14(8):e076872. PMID: 39209781. PMCID: PMC11367374

Morbus Menière: Gentamicin oder Kortison – was hilft besser?

Morbus Menière ist eine chronische Erkrankung des Innenohrs, die den Alltag der Betroffenen massiv beeinträchtigen kann. Charakteristisch sind anfallsartiger Drehschwindel, Hörminderung, Ohrgeräusche (Tinnitus) und ein Druckgefühl im Ohr. Die Erkrankung verläuft in Schüben und kann mit der Zeit das Hörvermögen weiter verschlechtern.

Für Patientinnen und Patienten, bei denen konservative Maßnahmen wie salzarme Ernährung, Diuretika oder Betahistin nicht ausreichend helfen, stehen sogenannte intratympanale Therapien zur Verfügung. Dabei wird ein Medikament direkt in das Mittelohr eingebracht. Zwei etablierte Wirkstoffe kommen hier infrage: Gentamicin und Kortikosteroide(z. B. Dexamethason).

Eine neue systematische Übersichtsarbeit mit Metaanalyse, veröffentlicht 2024 im Fachjournal Frontiers in Neurology, vergleicht diese beiden Behandlungsoptionen miteinander – mit spannenden Erkenntnissen.


Wie wirkt Gentamicin?

Gentamicin ist ein Antibiotikum, das selektiv das Gleichgewichtsorgan im Innenohr schädigt. Was zunächst paradox klingt, ist in diesem Fall gewünscht: Durch eine gezielte Dämpfung der überaktiven Gleichgewichtsorgane lässt sich der Schwindel kontrollieren. Die Therapie erfolgt meist in mehreren Sitzungen, wobei das Medikament durch das Trommelfell injiziert wird.

Vorteil: Sehr gute Kontrolle des Drehschwindels.
Nachteil: Risiko einer bleibenden Verschlechterung des Hörvermögens.


Wie wirken Kortikosteroide?

Kortikosteroide wie Dexamethason wirken entzündungshemmend und abschwellend. Bei der intratympanalen Anwendung scheinen aber auch andere Qualitäten zu wirken. Auch sie können durch das Trommelfell ins Mittelohr eingebracht werden. Ihre Wirkung auf den Schwindel ist in vielen Fällen gut, aber tendenziell schwächer als bei Gentamicin.

Vorteil: Schonender für das Gehör.
Nachteil: Möglicherweise geringere Schwindelkontrolle.


Was sagt die aktuelle Forschung?

Die Metaanalyse von Zhang et al. (2024) hat 17 hochwertige Studien mit insgesamt 984 Patienten ausgewertet. Das wichtigste Ergebnis:

  • Gentamicin war effektiver bei der Kontrolle des Schwindels (Odds Ratio 2,07).
  • Kortikosteroide zeigten sich deutlich sicherer in Bezug auf das Gehör.
  • In Bezug auf Tinnitus oder Lebensqualität ergaben sich keine signifikanten Unterschiede.

Die Autoren betonen, dass die Auswahl des Medikaments individuell erfolgen sollte – je nach Beschwerden, Leidensdruck und Restgehör.


Für wen eignet sich welche Therapie?

Gentamicin eignet sich vor allem für:

  • Patientinnen und Patienten mit stark einschränkenden Schwindelattacken
  • Fälle mit bereits eingeschränktem Hörvermögen auf dem betroffenen Ohr

Kortikosteroide eignen sich besser für:

  • Personen mit noch gutem Gehör auf dem erkrankten Ohr
  • Leichteren Schwindelverläufen
  • Wunsch nach möglichst nebenwirkungsarmer Behandlung

Wie läuft eine intratympanale Therapie ab?

Beide Medikamente werden mithilfe einer feinen Nadel direkt ins Mittelohr injiziert. Dies erfolgt ambulant und unter lokaler Betäubung. Die Flüssigkeit gelangt durch das sogenannte Rundfenster in das Innenohr und entfaltet dort ihre Wirkung.

Nach der Injektion sollte der Kopf für etwa 20-30 Minuten ruhig gelagert werden. In vielen Fällen sind mehrere Sitzungen im Abstand von einigen Tagen erforderlich.


Gibt es Risiken?

Gentamicin:

  • Hörverschlechterung (in bis zu 30 % der Fälle)
  • Gleichgewichtsstörungen in den ersten Tagen nach der Injektion

Kortikosteroide:

  • Sehr geringe Nebenwirkungen
  • In seltenen Fällen: lokale Reizung im Mittelohr

Fazit: Eine individuelle Entscheidung

Die Wahl zwischen Gentamicin und Kortikosteroiden ist keine pauschale Entscheidung, sondern hängt vom individuellen Krankheitsverlauf und den Therapiezielen ab. Wer unter schwerem Schwindel leidet, profitiert möglicherweise mehr von Gentamicin – auch wenn dies mit einem höheren Risiko für Hörschäden verbunden ist. Kortikosteroide sind hingegen die schonendere Variante und oft die erste Wahl bei Patienten mit erhaltenem Gehör.

Wichtig ist, sich umfassend über die Möglichkeiten zu informieren und gemeinsam mit der behandelnden Fachärztin oder dem Facharzt abzuwägen, welches Vorgehen in der individuellen Situation am sinnvollsten ist.


Quelle:
Zhang Y, Li X, Chen Y, Zhang H, Zhou M, Shen H. Comparative efficacy of intratympanic gentamicin and intratympanic corticosteroid in the treatment of Meniere’s disease: a systematic review and meta-analysis. Front Neurol. 2024;15:1471010. doi:10.3389/fneur.2024.1471010



Hörsturz: Ursachen, Symptome und aktuelle Behandlungsmöglichkeiten

Ein plötzlicher Hörverlust kann beängstigend sein. Oftmals tritt er ohne erkennbare Ursache auf und betrifft meist nur ein Ohr. In der Medizin spricht man von einem Hörsturz. Doch was steckt dahinter? Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es? In diesem Artikel erfahren Sie alles Wichtige über den Hörsturz – von den Ursachen über die Symptome bis hin zu den neuesten Therapiemethoden.

Was ist ein Hörsturz?

Ein Hörsturz ist eine plötzlich auftretende, meist einseitige Schwerhörigkeit, die ohne erkennbare äußere Einwirkung entsteht. Betroffene berichten oft über eine dumpfe Wahrnehmung oder das Gefühl, als wäre das Ohr „verstopft“. Begleiterscheinungen wie Ohrgeräusche (Tinnitus) oder Schwindel können ebenfalls auftreten.

Die genaue Ursache des Hörsturzes ist nicht vollständig geklärt. Mediziner gehen davon aus, dass Durchblutungsstörungen im Innenohr, Entzündungen oder eine Überreaktion des Immunsystems eine Rolle spielen können. Auch Stress und hohe körperliche oder seelische Belastungen gelten als mögliche Auslöser.

Symptome eines Hörsturzes

Die Symptome eines Hörsturzes können unterschiedlich ausgeprägt sein. Typische Anzeichen sind:

  • Plötzliche, meist einseitige Hörminderung
  • Verzerrtes Hören oder das Gefühl eines Drucks im Ohr
  • Tinnitus (pfeifende, summende oder rauschende Ohrgeräusche)
  • Schwindelgefühle oder Gleichgewichtsstörungen
  • Überempfindlichkeit gegenüber Geräuschen

In vielen Fällen tritt der Hörsturz ohne Vorwarnung auf und entwickelt sich innerhalb von Minuten oder Stunden. Manche Betroffene bemerken die Hörveränderung erst nach dem Aufwachen am Morgen.

Wie wird ein Hörsturz behandelt?

Die Therapie eines Hörsturzes hängt von der Schwere der Symptome ab. In den meisten Fällen wird eine Behandlung mit Kortison empfohlen, da es entzündungshemmend wirkt und die Durchblutung des Innenohrs verbessern kann.

1. Kortisontherapie

  • Systemische Steroidtherapie: Kortison wird als Tablette oder Infusion verabreicht.
  • Intratympanale Kortisontherapie: Kortison wird direkt ins Mittelohr injiziert, wenn die systemische Therapie nicht anschlägt.

2. Hyperbare Sauerstofftherapie (HBO)

Diese Methode wird ergänzend eingesetzt, insbesondere bei schweren Hörverlusten. Sie erhöht den Sauerstoffgehalt im Blut und kann die Regeneration des Innenohrs unterstützen.

3. Weitere Therapieoptionen

  • Durchblutungsfördernde Medikamente: Diese werden nur noch selten eingesetzt, da ihre Wirksamkeit nicht ausreichend belegt ist.
  • Stressreduktion: Da Stress als möglicher Auslöser gilt, können Entspannungsverfahren wie Meditation oder autogenes Training helfen.

Wie ist die Prognose?

Die Heilungschancen bei einem Hörsturz sind gut. In vielen Fällen erholt sich das Hörvermögen innerhalb weniger Tage bis Wochen von selbst. Eine schnelle Behandlung kann die Wahrscheinlichkeit einer vollständigen Genesung erhöhen. Bestehen die Symptome über mehrere Wochen fort, kann eine weiterführende Diagnostik notwendig sein.

Wann sollte man ärztliche Hilfe suchen?

Nicht jeder plötzliche Hörverlust ist ein Hörsturz. Ohrenschmalz, Infektionen oder eine Mittelohrentzündung können ähnliche Symptome verursachen. Dennoch gilt: Ein plötzliches Nachlassen des Hörvermögens sollte immer ernst genommen und zeitnah ärztlich abgeklärt werden.

Fazit

Ein Hörsturz ist eine ernstzunehmende, aber oft reversible Erkrankung. Die Ursachen sind nicht immer eindeutig, aber frühzeitige Behandlungsmaßnahmen wie Kortisontherapie oder Sauerstofftherapie können die Heilungschancen deutlich verbessern. Stressmanagement und eine gesunde Lebensweise spielen ebenfalls eine wichtige Rolle in der Vorbeugung

Tinnitus Behandlung vor über 100 Jahren

Subjektive Gehörempfindungen – Ursachen, Symptome und historische Behandlungsmethoden

Was sind subjektive Gehörempfindungen?

Subjektive Gehörempfindungen, auch bekannt als Ohrensausen oder Tinnitus, beschreiben Geräusche, die von Betroffenen wahrgenommen werden, ohne dass eine externe Schallquelle existiert. Diese Geräusche können vielfältig sein: Sausen, Rauschen, Pfeifen, Summen, Zischen oder Knacken – die Intensität reicht von leicht störend bis hin zu quälend.

Solche Gehörempfindungen sind keine eigenständige Krankheit, sondern ein Symptom, das verschiedene Ursachen haben kann. Besonders nachts oder in ruhigen Umgebungen empfinden viele Betroffene die Geräusche als belastend, da keine Umgebungsgeräusche die Wahrnehmung dämpfen.


Historische Ansichten zur Behandlung

Bereits vor über 100 Jahren beschäftigte sich die Medizin mit subjektiven Gehörempfindungen. Im Buch Praktischer Hausschatz der Heilkunde von Paul Bergmann (veröffentlicht vor über einem Jahrhundert) finden sich interessante Ansätze, die heute aus historischer Perspektive betrachtet werden können. Einige dieser Therapien sind durchaus noch relevant, wenn auch angepasst an moderne Standards.

Subjektive Gehörempfindungen

Unter subjektiven Gehörempfindungen versteht man eine Vielzahl von Geräuschen, die bei Ohrenerkrankungen ohne äußere Schallquelle wahrgenommen werden. Diese können sich in Form von Sausen, Rauschen, Pfeifen, Summen, Zischen, Knacken, Brummen und anderen Klangarten äußern. Häufig sind diese Erscheinungen für den Betroffenen nicht nur lästig, sondern auch quälend. Besonders in der Nacht oder in ruhigen Umgebungen, wo die Wahrnehmung der Geräusche verstärkt ist, empfinden die Betroffenen eine erhebliche Belastung.

Solche Beschwerden treten oft in Verbindung mit allgemeinen Ohrenerkrankungen auf, können aber auch als eigenständiges Symptom bestehen. In manchen Fällen verstärken sich die Beschwerden bei bestimmten Wetterlagen, Schwankungen des Blutdrucks oder während Infektionen. Auch hormonelle Umstellungen, wie sie etwa in der Schwangerschaft auftreten, sowie psychische Belastungen können diese Gehörempfindungen begünstigen. Manchmal treten die Geräusche nur zeitweise auf und verschwinden nach der Beseitigung der zugrunde liegenden Ursache.

Behandlung

Allopathie:
Es ist von großer Bedeutung, dass Patienten mit subjektiven Gehörempfindungen ihre Ohren nicht überlasten. Eine möglichst ruhige Umgebung sollte gewährleistet werden. Akustische Reize, die die Beschwerden verstärken könnten, sind zu vermeiden. Weiterhin wird empfohlen, äußere schädliche Einflüsse wie Lärm oder Stress zu minimieren. Allgemein stärkende Maßnahmen, die das Nervensystem beruhigen, wie Spaziergänge in frischer Luft, eine ausgewogene Ernährung sowie regelmäßige Entspannungsphasen, haben sich bewährt. Ziel ist es, durch eine umfassende Stabilisierung des allgemeinen Gesundheitszustandes eine Besserung der Gehörempfindungen zu erzielen.

Homöopathie:
In der homöopathischen Behandlung werden je nach Symptomlage verschiedene Mittel eingesetzt:

  • Belladonna D 8, Chamomilla D 3 und Coffea sind hilfreich bei plötzlich auftretenden Gehörempfindungen, die mit Unruhe und Schlafstörungen einhergehen.
  • Graphites eignet sich bei Begleitsymptomen wie einem dumpfen Druckgefühl im Ohr, insbesondere wenn sich die Beschwerden durch Wärme bessern.
  • Ferrum phosphoricum D 12 sowie Magnesia phosphorica D 6 haben sich bei chronischen oder wiederkehrenden Ohrgeräuschen bewährt, insbesondere wenn diese durch nervöse Erschöpfung oder Stress bedingt sind.

Hydrotherapie:
Ein bewährtes Verfahren ist die Anwendung von kalten Fußbädern und Wechselbädern, um den Kreislauf zu stimulieren und die nervliche Belastung zu reduzieren.

  • Absteigende Armbäder (Beginn bei 34 °C, allmählich abkühlen auf 22 °C) wirken beruhigend.
  • Kneipp’sche Güsse, insbesondere an Armen und Beinen, fördern die Durchblutung und regen die Nerven an.
  • Kalte Waschungen (19 °C) am Abend oder direkt nach dem Aufwachen tragen ebenfalls zur Entspannung und Stabilisierung bei.

Weitere Maßnahmen:
Bettruhe ist vor allem bei akuten Beschwerden wichtig. Eine regelmäßige Schlafhygiene und ein geregelter Tagesablauf unterstützen den Heilungsverlauf. Besonders bei nervöser Erregung wird geraten, ablenkende Tätigkeiten oder leichte körperliche Übungen durchzuführen. Wärmebehandlungen, etwa in Form von absteigenden Bädern oder Wärmepackungen, können zur zusätzlichen Linderung beitragen.

Zusätzlich sollte der Patient darauf achten, äußere Stressfaktoren weitgehend zu minimieren. Eine tägliche Routine, die Entspannung und Erholung ermöglicht, ist entscheidend. Bei chronischen oder hartnäckigen Beschwerden sollte jedoch eine ärztliche Abklärung erfolgen, um mögliche organische Ursachen auszuschließen und die Therapie individuell anzupassen.

Quelle:
Paul Bergmann
Praktischer Hausschatz der Heilkunde
Ernst Wiest Nachfolger Verlag, Leipzig

 


Wechselbäder – Anleitung und Wirkung

Ein Wechselbad ist eine bewährte Methode zur Förderung der Durchblutung und Stärkung des Immunsystems. Es kombiniert warmes und kaltes Wasser, um Reize zu setzen, die das Nervensystem positiv beeinflussen.

Anleitung für ein Wechselbad

Material:

  • Zwei Behälter (z. B. große Schüsseln)
  • Warmes Wasser (38–42 °C)
  • Kaltes Wasser (10–18 °C)

Durchführung:

  1. Start mit warmem Wasser: Eintauchen der Füße oder Hände für 3–5 Minuten.
  2. Wechsel zu kaltem Wasser: Eintauchen für 10–30 Sekunden.
  3. Wiederholung: Diesen Wechsel 3–5 Mal durchführen, immer mit dem kalten Wasser abschließen.
  4. Nachsorge: Die betroffene Stelle gut abtrocknen und warmhalten, z. B. durch warme Socken.

Diese Methode wirkt durchblutungsfördernd, entspannend und kann nervliche Anspannungen lösen.

 

 

Phobischer Schwankschwindel (PPV) – Ein Überblick für Patienten

Schwindel ist neben Kopfschmerzen eines der häufigsten Symptome in der Neurologie und kann eine Vielzahl von Ursachen haben. Eine besonders häufige und oft übersehene Form des Schwindels ist der phobische Schwankschwindel (Phobic Postural Vertigo, PPV). Dieser Artikel soll Ihnen einen umfassenden Überblick über PPV geben, damit Sie besser verstehen, was diese Erkrankung ausmacht, wie sie diagnostiziert wird und welche Therapiemöglichkeiten es gibt.

Was ist phobischer Schwankschwindel?

Phobischer Schwankschwindel ist eine funktionelle Schwindelerkrankung, die sich durch episodischen Schwankschwindel und eine Unsicherheit beim Stehen und Gehen auszeichnet, obwohl keine organischen Ursachen feststellbar sind. Patienten beschreiben oft ein Gefühl von Benommenheit, fluktuierende Unsicherheit und eine Angst vor dem Fallen, ohne tatsächlich zu stürzen.

Symptome des phobischen Schwankschwindels

Die typischen Symptome von PPV umfassen:

  • Schwankschwindel: Ein Gefühl, als ob der Boden unter den Füßen schwankt oder als ob man sich auf einem schwankenden Untergrund befindet.
  • Unsicherheit beim Stehen und Gehen: Besonders in Situationen wie beim Überqueren von Brücken, beim Autofahren, in großen Menschenansammlungen oder in weiten, offenen Räumen.
  • Angst und vegetative Symptome: Häufig treten während oder nach den Attacken auch Angstgefühle und vegetative Symptome wie Schwitzen, Herzklopfen oder Zittern auf.
  • Verminderte Beschwerden durch Alkohol: Viele Patienten berichten, dass leichter Alkoholkonsum ihre Symptome lindert.

Ursachen und Auslöser

Die genauen Ursachen von PPV sind noch nicht vollständig geklärt. Häufig tritt die Erkrankung nach einer organischen vestibulären Störung (wie einer abgelaufenen Neuritis vestibularis oder einem benignen peripheren paroxysmalen Lagerungsschwindel, BPPV) oder nach psychosozialen Belastungssituationen auf. Patienten mit PPV neigen oft zu zwanghaften und perfektionistischen Persönlichkeitszügen und zeigen eine reaktiv-depressive Symptomatik.

Epidemiologie

Laut einer retrospektiven Analyse von 4214 Patienten in einer überregionalen Spezialambulanz für Schwindel von 1989 bis 2002 ist PPV mit 16% die zweithäufigste Schwindelursache nach dem benignen peripheren paroxysmalen Lagerungsschwindel (BPPV) mit 18,8%​. In der Altersgruppe der 21- bis 50-Jährigen ist PPV die häufigste Schwindelform und betrifft Männer und Frauen fast gleich häufig.

Diagnose

Die Diagnose von PPV stellt oft eine Herausforderung dar, da der Schwindel nicht auf organische Ursachen zurückzuführen ist und die neurologischen und Gleichgewichtstests meist unauffällig sind. Eine sorgfältige Anamnese und die Berücksichtigung der typischen Auslöser und Symptome sind entscheidend. Wichtige diagnostische Hinweise sind die episodischen Schwindelattacken ohne objektive Funktionsstörungen und die Verbesserung der Symptome durch leichten Alkoholkonsum.

Therapie und Behandlungsmöglichkeiten

Die Therapie des phobischen Schwankschwindels besteht aus mehreren Ansätzen:

  1. Aufklärung und psychologische Unterstützung: Ein wichtiger erster Schritt ist die ausführliche Aufklärung des Patienten über die psychogenen Mechanismen der Erkrankung. Die Entlastung von der Angst, an einer organischen Krankheit zu leiden, ist hierbei zentral.
  2. Desensibilisierung und Eigenexposition: Patienten sollten lernen, die für sie schwindelauslösenden Situationen nicht zu meiden, sondern aktiv aufzusuchen, um eine Desensibilisierung zu erreichen. Regelmäßiger, leichter Sport kann ebenfalls hilfreich sein, um das Vertrauen in das eigene Gleichgewicht wiederzugewinnen.
  3. Verhaltenstherapie und medikamentöse Unterstützung: Wenn die Eigenexposition nicht ausreicht, kann eine Verhaltenstherapie indiziert sein. In manchen Fällen kann zusätzlich eine medikamentöse Therapie mit selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRIs) oder trizyklischen Antidepressiva sinnvoll sein.

Prognose

Die Prognose von PPV ist bei richtiger Diagnose und Therapie gut. Laut einer Studie waren nach einer Therapie 72% der Patienten beschwerdefrei oder deutlich gebessert​. Ohne Behandlung kann PPV jedoch chronisch werden und zu erheblichen Beeinträchtigungen im Berufs- und Alltagsleben führen.

Sozioökonomische Bedeutung

PPV betrifft oft Menschen im arbeitsfähigen Alter und kann ohne adäquate Therapie zu chronischen Verläufen und Arbeitsunfähigkeit führen. Daher ist die frühzeitige Diagnose und Behandlung von großer Bedeutung, sowohl aus medizinischer als auch aus sozioökonomischer Sicht.

Fazit

Phobischer Schwankschwindel ist eine häufige, aber oft übersehene Ursache von Schwindel, die besonders im mittleren Lebensalter auftritt. Eine sorgfältige Diagnose und eine umfassende Aufklärung der Patienten sind entscheidend für eine erfolgreiche Therapie. Durch gezielte Maßnahmen wie Aufklärung, Eigenexposition und gegebenenfalls Verhaltenstherapie können die meisten Patienten ihre Symptome erheblich lindern oder sogar vollständig überwinden.

 


Quellenangabe:

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  2. Brandt T, Dieterich M (1986) Phobischer Attacken-Schwankschwindel, ein neues Syndrom. Münch Med Wochenschr 128:247–250
  3. Brandt T, Dieterich M, Strupp M (2003) Vertigo – Leitsymptom Schwindel. Steinkopff Darmstadt
  4. Brandt T, Huppert D, Dieterich M (1994) Phobic postural vertigo: a first follow-up. J Neurol 241:191–195
  5. Davis A, Moorjani P (2003) The epidemiology of hearing and balance disorders. In: Luxon ML, Furmann IM, Martini A, Stephens D, Dunitz M (eds) Textbook of Audiological Medicine. London p 89–99
  6. Eckhardt-Henn A, Breuer P, Thomalske C, Hoffmann SO, Hopf HC (2003) Anxiety disorders and other psychiatric subgroups in patients complaining of dizziness. J Anxiety Disord 431:1–20
  7. Furman JM, Jacob RG (1997) Psychiatric dizziness. Neurology 48:1161–1166
  8. Huppert D, Brandt T, Dieterich M, Strupp M (1994) Phobischer Schwankschwindel: die zweithäufigste Diagnose in einer Spezialambulanz für Schwindel. Nervenarzt 65:421–423
  9. Huppert D, Kunihiro T, Brandt T (1995) Phobic postural vertigo (154 patients): its association with vestibular disorders. J Audiol 4:97–103
  10. Kapfhammer HP, Mayer C, Hock U, Huppert D, Dieterich M, Brandt T (1997) Course of illness in phobic postural vertigo. Acta Neurol Scand 95:23–28
  11. Yardley L, Redfern MS (2001) Psychological factors influencing recovery from balance disorders. J Anxiety Disord 15:107–119

Psychosomatik bei Menière-Patienten

Liebe Patientinnen und Patienten,

in unserer HNO-Praxis steht Ihre Gesundheit und Ihr Wohlbefinden an erster Stelle. Eine Erkrankung, die viele Menschen betrifft und deren Behandlung eine besondere Herausforderung darstellt, ist der Morbus Menière. Diese Erkrankung ist bekannt für ihre unvorhersehbaren Schwindelattacken, einseitigen Hörverlust und Tinnitus. Doch oft sind es nicht nur die körperlichen Symptome, die den Alltag der Betroffenen stark beeinträchtigen, sondern auch psychosomatische Faktoren. In diesem Artikel möchten wir Ihnen einen umfassenden Überblick über die psychosomatischen Aspekte des Morbus Menière geben und Ihnen zeigen, wie Sie bestmöglich mit der Erkrankung umgehen können.

Was ist Morbus Menière?

Morbus Menière ist eine Erkrankung des Innenohrs, die durch wiederkehrende Schwindelattacken, Tinnitus und Hörverlust charakterisiert ist. Diese Symptome können sehr belastend sein und führen oft zu erheblicher Einschränkung der Lebensqualität. Ein klinisch sicherer Morbus Menière kann angenommen werden bei:

  • Zwei oder mehr spontanen Schwindelattacken von 20 Minuten bis 12 Stunden Dauer.
  • Einem audiometrisch dokumentierten Hörverlust der tiefen bis mittleren Frequenzen im betroffenen Ohr.
  • Fluktuierenden auditiven Symptomen wie Tinnitus oder Völlegefühl im betroffenen Ohr.

Die Häufigkeit der Attacken kann dabei von mehrmals pro Monat bis zu sehr seltenen, nur alle paar Jahre auftretenden Anfällen schwanken. In einigen Fällen kann es auch zu plötzlichen Stürzen ohne Vorwarnung kommen​.

Die Rolle der Psychosomatik

Die körperlichen Symptome des Morbus Menière sind gut dokumentiert, doch auch die psychosomatischen Auswirkungen dürfen nicht unterschätzt werden. Patienten erleben oft überdauernde Schwindelgefühle, die nicht nur organisch, sondern auch psychogen bedingt sind. Diese anhaltenden Schwindelgefühle können zu einer erhöhten Angst- und Depressionskomorbidität führen.

Laut Helmut Schaaf können solche anhaltenden Schwindelgefühle durch eine fehlende Rückanpassung an die im Anfall sinnvolle Hemmung der vestibulären Funktionen entstehen. Dies wird als „persistent perceptual and postural dizziness“ (PPPD) klassifiziert​.

Eine wesentliche Rolle spielt dabei das Angstsystem, welches die Balance beeinflussen kann. Das limbische System erhöht bei Angst die Schwelle für Impulse aus den Gleichgewichtsorganen. Diese Mechanismen können dazu führen, dass Bewegungen als Schwindel wahrgenommen werden, selbst wenn keine organische Ursache mehr besteht. Dadurch kann sich ein Teufelskreis aus Schwindel und Angst entwickeln, der schwer zu durchbrechen ist.

Risikogruppen und Auslöser

Ein Grund für die Entwicklung eines überdauernden Schwindels kann die Angst vor weiteren Attacken sein. Diese Angst kann durch wiederholte organische Ereignisse verstärkt werden. Weitere Risikofaktoren sind:

  • Mangelnde Zuversicht in den Erfolg von Therapien.
  • Gleichgewichtshemmende Medikamente statt Gleichgewichtsübungen.
  • Psychische Beeinträchtigungen, die sich mit dem Schwindel entwickeln.
  • Vermeidung von Aktivitäten, die zur Genesung beitragen könnten.

Reaktiver psychogener Schwindel kann durch Konditionierungseffekte entstehen. Situationen oder Reize, die ursprünglich keinen direkten Bezug zum Menière-Geschehen hatten, können durch ihre zeitgleiche Anwesenheit während eines Anfalls selbst zu Auslösern von Angst und Schwindel werden. Diese Konditionierung kann dazu führen, dass ähnliche Situationen später ebenfalls Schwindel auslösen​.

Therapieansätze

Ausgangslage und Aufklärung

Ein wichtiger Schritt in der Therapie des Morbus Menière ist die umfassende Aufklärung der Patienten über die Erkrankung und ihre Auswirkungen. Dies kann helfen, die Angst vor den unvorhersehbaren Attacken zu mindern und ein besseres Verständnis für die eigene Krankheit zu entwickeln. Ein Informationsblatt kann hierbei unterstützend wirken.

Die Patienten sollten auch darüber informiert werden, dass der Morbus Menière keine lebensbedrohliche Krankheit ist und dass es Möglichkeiten gibt, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern. Eine offene Kommunikation über die Unsicherheiten und Grenzen der aktuellen Therapiemöglichkeiten ist ebenfalls wichtig, um unrealistische Erwartungen zu vermeiden.

Begleitung und Unterstützung

Eine kontinuierliche ärztliche Begleitung ist essenziell. Patienten sollten in die Lage versetzt werden, sich selbst auf einen möglichen Anfall vorzubereiten. Dazu gehört das Mitführen von Medikamenten gegen Übelkeit und ein Handy, um im Notfall Hilfe anfordern zu können. Auch die Unterstützung der Hörfunktion durch frühzeitige Anpassung von Hörgeräten kann die Lebensqualität erheblich verbessern.

Hörgeräte, die auch die Schwankungen des Hörvermögens berücksichtigen, sind besonders hilfreich. Bei größeren Hörverlusten können CROS-Geräte oder Cochleaimplantate zum Einsatz kommen, um das Richtungshören zu unterstützen. Dabei ist es wichtig, die Patienten über die Möglichkeiten und Grenzen dieser technischen Hilfsmittel aufzuklären.

Psychotherapeutische Unterstützung

Bei der Bewältigung der psychogenen Komponenten der Erkrankung kann eine psychotherapeutische Unterstützung sehr hilfreich sein. Die Psychotherapie kann helfen, mit den Ängsten und der oft damit verbundenen Depression umzugehen. Ein strukturiertes Gleichgewichtstraining, idealerweise in einer Gruppe unter Anleitung eines Physiotherapeuten, kann ebenfalls sehr hilfreich sein​.

Mögliche Fallen in der Kommunikation

Die Kommunikation zwischen Arzt und Patient spielt eine zentrale Rolle. Es ist wichtig, dass der Arzt realistische Hoffnungen vermittelt und gleichzeitig die Grenzen der aktuellen Therapiemöglichkeiten ehrlich darstellt. Falsche Versprechungen können zu enttäuschten Hoffnungen und einem Vertrauensverlust führen.

Ungünstig wäre es, wenn Patienten die Botschaft erhalten, dass man „nichts machen kann“ oder dass sie „damit leben müssen“, ohne konkrete Hilfestellungen zu erhalten. Stattdessen sollte der Fokus auf einer realistischen und evidenzbasierten Therapie liegen. Dazu gehört auch die Empfehlung von Gleichgewichtstraining und physiotherapeutischen Maßnahmen.

Vermeidung und Bewältigung

Ein wichtiger Aspekt der Therapie ist die Vermeidung von Verhaltensweisen, die den Schwindel verstärken könnten. Dazu gehört auch die Auseinandersetzung mit der eigenen Angst und die Entwicklung von Bewältigungsstrategien. Patienten sollten ermutigt werden, aktiv an ihrer Genesung mitzuwirken und sich nicht von der Angst beherrschen zu lassen.

Es ist hilfreich, wenn Patienten lernen, zwischen organischem Anfallsgeschehen und psychogenem Schwindelerleben zu unterscheiden. Ein praktischer Tipp ist, bei Schwindel aufzustehen und fest aufzutreten, um zu prüfen, ob sich die Standfestigkeit verbessern lässt. Oft kann dies die Angst bei psychogenem Schwindel verringern.

Langfristige Unterstützung

Langfristige Unterstützung und soziale Interaktion sind wichtige Faktoren für die Bewältigung der Krankheit. Selbsthilfegruppen wie KIMM e.V. (Kontakte und Informationen für Morbus Menière) und die Deutsche Tinnitus-Liga e.V. bieten wertvolle Unterstützung und Austauschmöglichkeiten für Betroffene. Studien haben gezeigt, dass Patienten, die sich über längere Zeit mit ihrer Erkrankung auseinandersetzen, besser damit umgehen können und weniger psychische Belastungen erleben​.

Fazit

Morbus Menière ist eine komplexe Erkrankung, die nicht nur körperliche, sondern auch erhebliche psychosomatische Herausforderungen mit sich bringt. Durch eine umfassende Aufklärung, kontinuierliche Begleitung und psychotherapeutische Unterstützung können Betroffene jedoch lernen, besser mit der Krankheit umzugehen und ihre Lebensqualität zu verbessern.

Für weiterführende Informationen und Unterstützung besuchen Sie bitte auch die Online-Version dieses Artikels und die angegebenen Zusatzmaterialien.

 


Quellenangabe:

Schaaf, H. (2024). Psychosomatik bei an M. Menière Erkrankten. HNO. https://doi.org/10.1007/s00106-024-01484-1

Alles über Sjögren-Syndrom: Ursachen, Diagnose und fortschrittliche Behandlungsansätze

In diesem Blogartikel widmen wir uns ausführlich dem Sjögren-Syndrom (SjS), einer der häufigsten Kollagenosen, die vor allem Frauen betrifft. SjS ist eine Autoimmunerkrankung, die primär die exokrinen Drüsen angreift, was zu Symptomen wie Trockenheit der Augen und des Mundes führt. Diese Erkrankung kann jedoch auch systemische Auswirkungen haben, einschließlich Müdigkeit, Arthralgien und in schweren Fällen Organbeteiligungen wie interstitielle Lungenerkrankungen und Polyneuropathien.

Epidemiologie und Pathogenese

Die Prävalenz des Sjögren-Syndroms liegt bei etwa 1:200, wobei über 50% der Betroffenen auch außerhalb der Drüsen Symptome entwickeln. Frauen sind deutlich häufiger betroffen als Männer, was teilweise durch hormonelle und genetische Faktoren erklärt wird. In der Pathogenese spielen genetische Prädispositionen sowie Umweltfaktoren wie Virusinfektionen eine Rolle.

Diagnose

Die Diagnostik umfasst spezifische Biomarker, darunter Anti-SS-A/Ro-Antikörper, und bildgebende Verfahren wie die Speicheldrüsensonographie. Obwohl es keine spezifisch zugelassenen Therapien gibt, werden oft Medikamente „off-label“ eingesetzt. Zudem gibt es Therapieempfehlungen von der European League Against Rheumatism (EULAR), die sich nach den vorherrschenden Organmanifestationen richten.

Aktuelle und zukünftige Therapien

Es gibt zahlreiche vielversprechende Ansätze in kontrollierten Studien, darunter neue immunmodulierende Medikamente, die auf spezifische Aspekte des Immunsystems abzielen. Diese Fortschritte könnten die Behandlung des Sjögren-Syndroms erheblich verbessern.

Prognose und Lebensqualität

Trotz der potenziell schweren Komplikationen des SjS, wie das erhöhte Risiko für Non-Hodgkin-Lymphome, ist die Lebenserwartung der Betroffenen oft nicht signifikant beeinträchtigt, sofern keine schweren Organmanifestationen vorliegen. Die Lebensqualität kann jedoch durch Symptome erheblich beeinträchtigt werden, was eine angepasste und oft interdisziplinäre Behandlung erforderlich macht.

Fazit

Das Sjögren-Syndrom ist eine komplexe Erkrankung, die eine umfassende klinische Bewertung und ein personalisiertes Management erfordert. Die ständige Forschung und die Entwicklung neuer Therapien bieten Hoffnung auf effektivere Behandlungsmöglichkeiten in der Zukunft.

Quellenangaben:

  • Dieser Artikel basiert auf dem Update Sjögren-Syndrom, veröffentlicht in der Zeitschrift für Rheumatologie, 2024, von Nadine Zehrfeld und Torsten Witte. Verfügbar unter: https://doi.org/10.1007/s00393-024-01493-z

Für weitere Informationen oder spezifische Fragen zu Ihrem Fall, besprechen Sie sich bitte mit Ihrem Arzt oder einem qualifizierten Gesundheitsexperten.