Hörsturz

Hörsturz

Eine akute Hörstörung kann ein Hörsturz sein

Ein plötzlicher, schmerzloser ein oder beidseitiger (sehr selten!) Hörverlust eventuell mit einem Tinnitus (Ohrgeräusch) oder Schwindel können ein Anzeichen für einen Hörsturz sein. Die Hörminderung kann auch als ein verzerrtes Hören oder als Druck im Ohr wahrgenommen werden.

Was ein Hörsturz ist und was man gegen ihn unternehmen kann, soll dieser Artikel klären. In den letzten Jahren hat sich bei der Behandlung des Hörsturz sehr viel getan. Viele Therapien sind wegen nicht bewiesener Erfolge gestrichen worden und neue Verfahren wie die intratympanale Kortikoidtherapie sind dazu gekommen.

Gehen Sie mit mir jetzt auf eine Reise durch die aktuellen Leitlinien zur Behandlung des Hörsturz – herausgegeben von der deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde und Kopf-Halschirurgie aus dem Jahr 2014.

Vielleicht sind Sie gerade betroffen oder kennen irgendjemanden, der unter einem Hörsturz leidet. Sie sind vielleicht heute morgen aufgewacht und haben nichts mehr gehört. Sie sind ihrer Arbeit nachgegangen und fanden sich plötzlich unter einer Glocke. Das Hören ist dumpf, verzerrt und Sie hören sogar ein Ohrgeräusch, das zuvor nicht da war. Im Extremfall sind Sie auch stark schwindelig und die ganze Welt dreht sich.

Das alles können Symptome eines Hörsturz sein und sie verursachen zunächst Angst. Sie fühlen sich abgeschnitten von der Welt, vielleicht haben Sie auch durch den Schwindel einen Kontrollverlust erlebt.

Ich möchte Ihnen mit diesem Beitrag die Angst nehmen und Ihnen das aktuelle Wissen über den Hörsturz vermitteln. Ich zeige Ihnen die Therapiemöglichkeiten aus schulmedizinischer und naturheilkundlicher Sicht.

Sollten Sie öfter unter einem Hörsturz leiden, so versuche ich Ihnen auch hier Lösungswege zu zeigen.

Ein Hörsturz ist für den Einzelnen sehr belastend und beängstigend. Die „Google“-itis hilft diesen Patienten wenig, findet man dort doch eher Verwirrung als Hilfe. Selbstdarsteller aller Couleur produzieren ihre Unwissenheit auf vielen so genannten Foren und führen eher zur Verängstigung als zur Hilfe. Die Mehrheit der Menschen wünschen sich aber so einen Quatsch und somit ist es eine Unsitte unserer Zeit.

In den letzten Jahren ist die Häufigkeit eines Hörsturz deutlich angestiegen. Zählte man früher – in den 80er Jahren – noch 20-30 Neuerkrankungen jährlich pro 100000 Einwohner, so ist diese Zahl auf das Vierfache angestiegen. Wir zählen jedes Jahr 80-100 Hörsturzpatienten auf 100000 Einwohner.

Definition

“Der Hörsturz ist eine ohne jede erkennbare Ursache plötzlich auftretende, in der Regel einseitige Schallempfindungsschwerhörigkeit cochleärer Genese von unterschiedlichem Schweregrad bis hin zur Ertaubung. Schwindel und/oder Ohrgeräusche können zusätzlich auftreten.”

Das ist die offizielle Hörsturz – Definition, die ich Ihnen gerne übersetzen möchte.

Als einen Hörsturz bezeichnet man also eine meist einseitige Hörminderung durch eine Störung des Innenohrs. Der Hörverlust entsteht innerhalb weniger Sekunden oder Minuten. Der genaue Zeitpunkt des Hörsturz kann von den Betroffenen meist nicht genau angegeben werden und wird oft erst morgens nach dem Erwachen bewusst.

Symptome

Beim Hörsturz leidet der Betroffene unter einer akuten Hörminderung. Viele beschreiben dies als dumpfes “Watte” – Gefühl und einem Druck im Ohr. Gelegentlich kommt noch ein verzerrtes Hören dazu wie bei einem kaputten Lautsprecher. Schmerzen verursacht ein Hörsturz nicht.

Ohrgeräusche kommen sehr häufig vor. Diese werden in unterschiedlicher Lautstärke als Piepsen, Pfeifen oder Rauschen wahrgenommen.

Da das Hör- und Gleichgewichtsorgan zusammenhängen, kann auch ein Schwindel auftreten. In den meisten Fällen handelt es sich hierbei um einen Drehschwindel, eventuell mit Übelkeit und Erbrechen. Weniger häufig tritt ein Schwankschwindel in Verbindung mit einem Hörsturz auf.

Ursachen eines Hörsturz

Natürlich ist es interessant, die Ursache eines Hörsturz zu finden und es ist mit die erste Frage, die der Betroffene stellt: „Wo kommt so ein Hörsturz her?“

Bis zum heutigen Zeitpunkt sind die Ursachen, die einem Hörsturz zu Grunde liegen nicht hinreichend geklärt. Der Mediziner sagt in diesem Fall, es sei „ideopathisch“. Unter uns gesagt, ist „ideopathisch“ der Ausdruck für „Wir haben absolut keine Ahnung, warum so was passiert, aber wir brauchen eine toll klingende Erklärung!“. Ideopathisch hört sich besser an und der Patient ist beeindruckt.

Durchblutungsstörungen, Einblutungen, Infektionen oder Entzündungen jeder Genese müssen immer wieder als Ursachen herhalten, konnten aber noch nicht einmal wissenschaftlich bewiesen werden.

Bleiben wir momentan dabei: „Der Hörsturz ist ideopathisch!“ – Man kennt eben die Ursache eines Hörsturz noch nicht.

Diagnostik

Der Hals- Nasen- Ohrenarzt ist nur so gut, wie seine Diagnostik. Dem medizinisch, technischen Personal kommt daher eine ganz besondere Bedeutung zu. Erfahrung auf diesem Gebiet ist nur durch Erfahrung zu ersetzen. In vielen Haus- und Kinderarztpraxen stehen mittlerweile Hörtest – Geräte, weil man das abrechnen kann.

Und immer wenn man etwas abrechnen kann, dann wird das gemacht – ob man davon Ahnung hat, oder nicht.

Es ist damit kein Problem einen ordentlichen Hörtest durchzuführen, so lange das Personal die gleiche Ausbildung hat, wie die medizinisch-technischen Assistentinnen eines Hals- Nasen- Ohrenarztes, der Haus- oder Kinderarzt auch einen schallgeschützten Raum zur Verfügung hat und der Kollege hat die notwendige Ausbildung, aus einem Hörtest eine Diagnose zu bilden. Diese Voraussetzungen sind jedoch für die Kollegen kaum zu erreichen. Also macht man einen Hörtest und rechnet ihn ab.

Bitte verstehen Sie mich jetzt nicht falsch: Ich schätze die haus- und kinderärztlichen Kollegen sehr, was ich hier beschreibe sind absolute Einzelfälle. Wenn Ihr verantwortungsvoller Hausarzt es für richtig hält, wird er Sie im Fall einer akuten Hörstörung zu einem Spezialisten überweisen. Ohren ausspülen hilft eben nicht immer.

Hörtest

Der Hörtest oder Tonaudiometrie ist ein zwingendes Standardverfahren bei einer Hörstörung. In den geübten Händen einer medizinisch-technischen HNO – Assistentin dauert der Hörtest nur wenige Minuten. Dabei werden dem Patienten Töne in verschiedenen Höhen und Lautstärken präsentiert und der Betroffene gibt an, wann er den Ton hört.

Somit gehört die Tonaudiometrie zu den subjektiven Testverfahren, da man auf die Mitarbeit des Patienten angewiesen ist. Ohne eine ordentlich durchgeführte Tonaudiometrie ist keine sichere Diagnose möglich, da viele andere Erkrankungen ähnliche Symptome machen. Kinder ab ca. 4 Jahren können bereits diesen Test ohne größere Schwierigkeiten durchführen.

Tympanogramm

Das Tympanogramm ist der geliebte Bruder des Tonaudiogramms. Bei diesem Test wird der Druck im Mittelohr bestimmt. Er dauert nur Sekunden und die Mitarbeit des Patienten ist nicht notwendig.

Ein Unterdruck im Mittelohr kann zu einer Hörstörung mit Druck im Ohr führen und dies sind ähnliche Symptome, die auch ein Hörsturz machen kann. Dieser Test ist zur Differentialdiagnostik dringend erforderlich.

Otoakustische Emissionen

Die Otoakustischen Emissionen werden oft erst im Verlauf der Erkrankung bestimmt. Das Innenohr (genauer die Haarzellen) sendet in vielen Fällen ohne äußeres Zutun kleinste Signale aus, die durch eine Sonde im Gehörgang registriert werden können.

Werden die Haarzellen im Innenohr durch einen definierten Klick-reiz stimuliert, so “antwortet” das Innenohr innerhalb von Millisekunden. Die otoakustischen Emissionen geben Klarheit über die Funktion des Innenohrs. Manche Autoren leiten aus den Messergebnissen auch prognostische Aussagen ab. Das heißt, wenn die otoakustischen Emissionen noch nachweisbar sind, dann stehen die Chancen für eine schnelle Erholung sehr gut.

Hirnstammaudiometrie

Die Hirnstammaudiometrie oder auch BERA genannt sollte erst nach 1-2 Wochen nach dem Ereignis durchgeführt werden, da hierbei das Ohr mit hohen Lautstärken gereizt wird. Der Patient wird hierbei mit Elektroden am Kopf und er erhält über Kopfhörer einen Klick-reiz. Über die Elektroden werden dabei die Hirnströme abgeleitet, wobei der Computer den Hörreiz herausfiltert.

Vereinfacht gesagt, misst man dabei wie lange der Schall vom Innenohr bis ins Gehirn braucht. Diese Zeit sollte auf beiden Seiten in etwa gleich sein. Die dabei registrierten Kurven sollten auch in ihrer Höhe (Amplitude) regelgerecht geformt sein.

Gleichgewichts – Diagnostik

Viele Hörsturzpatienten leiden auch unter einem Schwindel. Gerade bei diesen Patienten ist es sinnvoll auch eine Gleichgewichtsdiagnostik durchzuführen. Mit den modernen Verfahren – wie dem Videokopfimpulstest – ist die Untersuchung nicht mehr so belastend wie früher.

Kernspintomographie

Fällt nun in der Hirnstammaudiometrie ein Problem auf, oder ist diese nicht aussagefähig oder hat ihr Arzt auch nur ein “komisches Gefühl im Bauch”, dann ist eine Kernspintomographie im Intervall zu empfehlen.

Der Abstand sollte wiederum 2-3 Wochen nach dem Ereignis betragen, da auch bei dieser Untersuchung das Ohr mit hohen Lautstärken konfrontiert wird. Bei einem Erstereignis und unauffälliger BERA kann auf eine Kernspintomographie verzichtet werden. Bei einem Rezidivhörsturz, der leider vorkommen kann, ist diese Untersuchung jedoch zwingend zu empfehlen.

Behandlung

Die Therapie der Hörsturz hat sich in den letzten 10-15 Jahren doch radikal geändert. Hat man früher die Patienten noch wochenlang täglich stundenlang mit “durchblutungsfördernden Medikamenten” infundiert, so ist dieses Verfahren und vor allem die dazu gehörigen Medikamente komplett überholt und die viele dieser Medikamente sind auch vom Markt verschwunden.

Inzwischen hat man festgestellt, dass sämtliche durchblutungsfördernden Infusionen nur Nebenwirkungen verursachten, aber leider nicht zur Genesung zugetragen haben. In 40-60 Prozent der Fälle regeneriert sich das Gehör nach einem Hörsturz, ohne dass man auch nur das geringste unternimmt.

Sollten Sie also vor Jahren einen Hörsturz erlitten haben und haben diese Infusionen damals bekommen und sind darunter genesen, so waren nicht die Infusionen der Heilbringer, sondern eher die Natur und die Zeit.

Die moderne Hörsturztherapie basiert auf genau zwei Therapie-schritten: Einer hoch dosierten, systemischen Kortikoidtherapie und bei ausbleibender Besserung erfolgt mittlerweile eine Spritze ins Ohr – die sogenannte “intratympanale Kortikoidtherapie”.

systemische Kortisontherapie

Die systemische Kortisontherapie erfolgt hochdosiert mittels einer Infusion oder einer Injektion. In drei bis fünf aufeinander folgenden Tagen werden jeweils 250mg Prednisolon intravenös verabreicht. Danach kann ein absteigendes Kortisonschema erfolgen, jedoch ist dies nicht zwingend.

In meiner Praxis führe ich die angepasste Kortikoidtherapie erfolgreich durch. Dies bedeutet, dass je nach Schweregrad des Ereignissses eine Kortikoidtherapie erforderlich ist. Bei einem massiven Hörsturz ist ohne Frage die maximale Therapie erforderlich.

Handelt es sich aber um einem kleinen “Hörstolperer” wie ich ihn gerne nenne, so verordne ich zunächst ein niedriger dosiertes Kortikoidschema. Bei ausbleibender Besserung nach 5-7 Tagen kann immer noch hochdosiert behandelt werden.

Dies ist auch ein finanzielles Problem für die Patienten. Das Kortison und die Infusionsleistung werden nicht von den “kranken Kassen” übernommen. Obwohl Kortison in jeder Leitlinie der Welt zur Behandlung eines Hörsturz empfohlen wird, steht die Indikation nicht im Beipackzettel.

Die Krankenkassen lehnen daher eine Erstattung ab. Der verordnende Arzt muss Sie über einen so genannten “off-label-use” aufklären, da ein für dieses Krankheitsbild nicht vorgesehenes Medikament verwendet wird. Die Infusionskosten belaufen sich ohne Medikamente auf ca. 20 Euro. Im Moment kosten 3 Ampullen 250mg Prednisolon in der Apotheke etwa 55 Euro und die 10 Tabletten für das absteigende Kortikoidschema ca. 15 Euro.

Weiter unten finden sie bei “Typische Fragen von Hörsturz – Patienten” eine ausführlichere Darstellung.

KEIN ARZT UND KEINE KLINIK dürfen Ihnen diese Leistungen kostenlos erbringen. Tun sie es dennoch betrügen sie die Krankenkasse und verstoßen sowohl gegen das Berufsrecht als auch gegen das Heilmittelwerbegesetz.

Sie sehen hieran in welch verzwickter Lage sich ihr Hals- Nasen- Ohrenarzt befindet. Beschweren Sie sich gerne bei ihrer Krankenkasse. Diese werden sich jedoch herausreden.

Intratympanale Kortikoidtherapie

Kommen wir nun zu meiner Lieblingstherapie – Die “Spritze ins Ohr” oder die intratympanale Kortikoidtherapie.

Hierbei wird Kortison direkt durch das zuvor betäubte Trommelfell ins Mittelohr gespritzt. Ich führe diese Behandlung bereits seit 2005 in meiner Praxis durch und bin wahrscheinlich einer der ersten und der erfahrensten HNO Ärzte auf diesem Gebiet. Ich kann auf weit über 1000 behandelte Patienten zurück blicken und aufgrund dieser Erfahrung behaupten: DANKE, es funktioniert hervorragend.

Wurden die Patienten früher nach erfolgloser Infusionsbehandlung noch mit einem schlechten Gewissen verabschiedet, so steht uns heute diese neue, bahnbrechende Behandlungsmethode zur Verfügung. Viele therapieresistente Fälle können durch die intratympanale Kortikoidtherapie noch verbessert oder sogar geheilt werden.

In meiner Praxis führe ich die relativ schmerzarme bis schmerzfreie Behandlung drei bis fünf mal im Abstand von zwei bis drei Tagen durch. Nebenwirkungen sind praktisch nicht vorhanden und es ist bei weitem nicht so schlimm, wie es sich anhört.

In einem ausführlichen Video auf Youtube habe ich dieses Therapieverfahren für sie beschrieben. Das Video dauert ca. 25 Minuten – ich bin einfach nicht schneller fertig geworden.

Das Video finden Sie hier: Intratympanale Kortikoidtherapie

Typische Fragen von Hörsturz-Patienten

 

BEZAHLT DIE KRANKENKASSE DIE BEHANDLUNG?

Die Therapie und die Medikamente bei akutem Hörsturz oder Tinnitus werden nicht mehr von den Krankenkassen bezahlt!

Das klingt unglaublich, aber genau so ist es. Seit dem 1. April 2009 werden weder die Infusionstherapie noch die Medikamente von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt. Dies gilt sowohl für die Therapie mit durchblutungsfördernden Medikamente (z.B. Trental, Haes) als auch für Kortison.

Die Patienten müssen somit die anfallenden Kosten selbst tragen. Viele Praxen bieten ihren Patienten daher die Infusionstherapie als Selbstzahlerleistung an (IGEL). Fünf Infusionen kosten ungefähr ab 100 Euro (20 Euro pro Infusion). Die Medikamentenkosten sind getrennt in der Apotheke zu bezahlen.

Die Gründe, warum die gesetzlichen Kassen sich aus der Therapie verabschiedet haben sind für den Kenner sehr haarsträubend. Weder die deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e.V. noch der deutsche Berufsverband der Hals- Nasen- Ohrenärzte wurden zu diesem Thema gefragt und um Ihre Meinung gebeten. Allerdings zeigen beide Verbände auch seither kein Interesse, daran etwas zu ändern. Es geht ja nur um die Betroffenen.

Alle in den Leitlinien empfohlenen Maßnahmen dürfen nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnet werden! Die Gründe sind schnell aufgeführt, für Patienten oft nicht verständlich.

Der Wirkstoff Kortison besitzt keine Zulassung zur Behandlung eines akuten Hörsturzes oder Tinnitus. Wird es dennoch verwendet, so bezeichnet man das als einen so genannten „Off Label Use“ und dieser darf nach dem Gesetz nicht zu Lasten der GKV gehen.

Obwohl der Einsatz von Kortison bei einem akuten Hörsturz hinreichend erforscht ist, seit Jahren erfolgreich angewendet wird und zahlreiche Studien die Überlegenheit der Therapie zeigen, wurde bisher kein Kortisonpräparat für die Behandlung zugelassen. Die Pharmahersteller haben bis zum heutigen Tag keine Zulassung beantragt.

In vielen Kliniken wird die Behandlung trotzdem kostenlos durchgeführt, oder sogar anders abgerechnet, was einen Betrug am Gesundheitssystem darstellt. Dies ist eine Unsitte und absoluter Verstoß gegen die Berufsordnung für Ärzte. Oft erfolgt sogar keine Aufklärung, dass Medikamente verwendet werden, die dafür keine Zulassung haben.

WIE LANGE DAUERT DER KRANKENSCHEIN?

Grundsätzlich sollte eine Krankschreibung erfolgen. Die Dauer der Krankschreibung ist von der Schwere des Hörsturzes, der Begleiterscheinungen und des persönlichen Leidensdruck abhängig. In den meisten Fällen reichen jedoch 1 – 2 Wochen. In den wenigsten Fällen (z.B. bei starkem Schwindel) muss eine längere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt werden.

ZU WELCHEM ARZT MUSS ICH?

Wenn die Symptome passen, sollte man einen Spezialisten aufsuchen. In diesem Fall ist der Hals- Nasen- Ohrenarzt Ihr Ansprechpartner. Jeder meiner Kollegen wird sie bei entsprechenden Symptomen in seine Notfallsprechstunde einbestellen.

MUSS ICH INS KRANKENHAUS?

Die meisten Patienten können ambulant behandelt werden. Die wenigsten müssen sich in stationäre Behandlung begeben. Da die oben genannten Gründe auch für die stationäre Hörsturzbehandlung gelten, ist die Indikation für eine stationäre Behandlung sehr klar geregelt:

Ein objektiv massiver, akuter ein- oder beidseitiger kommunikativ stark beeinträchtigender oder vollständiger Hörverlust und ein Hörsturz der sich verschlechtert oder mit unzureichendem Erfolg unter ambulanter Therapie, wenn stationär andere Therapieoptionen möglich sind gehören genau so in eine Klinik wie ein akuter Hörverlust auf dem gesunden Ohr bei vor bestehender Taubheit auf dem nicht betroffenen Ohr.

Patienten mit Komorbidität, eingeschränkt auf schwere z.B. internistische Begleiterkrankungen im Herz Kreislauf- oder Stoffwechselbereich oder neurologische Erkrankungen sollten ebenfalls stationär behandelt werden.

WANN MUSS ICH ZUM ARZT?

Nach der inoffiziellen Empfehlung liegt der beste Behandlungsbeginn innerhalb der ersten 24-48 Stunden – eine Studie aus den USA konnte zeigen, dass es bei einem Behandlungsbeginn nach 14 Tagen zu der gleichen Erfolgsrate der Therapie kam.

Aufgrund der auftretenden Angst stellt sich für den Hörsturz – Patienten die Frage der Dringlichkeit der Behandlung. Handelt es sich also bei einem Hörsturz um einen absoluten „Notfall“, der sofortige Behandlung bedarf?

Die aktuell geltende Leitlinie der Deutschen HNO Gesellschaft verneint dies ganz klar. Dort wird der Hörsturz als ein „Eilfall“ bezeichnet. Die angepasste Behandlung sollte innerhalb der ersten 48 Stunden erfolgen. Der Therapieerfolg wird dadurch nicht gemindert.

Man muss also nicht mitten in der Nacht aufbrechen und ins Krankenhaus fahren, oder sogar einen Notarzt rufen.

An einen solchen Fall kann ich mich erinnern. Eines Nachts wurde ein Patient mit dem Rettungswagen in die HNO Klinik mit dem Verdacht auf Hörsturz eingeliefert. Nachdem ich den Ohrenschmalz entfernt hatte, wollte der dadurch geheilte Patient wieder mit einem Krankenwagen nach Hause fahren.

Ähnliche Geschichten kann Ihnen Ihr HNO Arzt bestimmt auch erzählen.

Sie können also Ruhe bewahren und – so lange es nur ein Hörverlust ist – bis zum nächsten Tag warten und Ihren HNO Arzt aufsuchen. Die Behandlung wird den gleichen Erfolg haben und in vielen Fällen ist nach einem ordentlichen Schlaf die Hörminderung bereits besser oder sogar ganz verschwunden.

KANN ICH ZUSÄTZLICH NOCH WAS TUN?

Meine persönliche Erfahrung und die von vielen meiner Kollegen ist, dass ein großer Co – Faktor STRESS ist. Es heißt ja nicht umsonst: „Man hat viel um die Ohren“ und gerade das Ohr verzeiht Stress – auch den unbewussten Stress – eher nicht.

Viele Patienten berichten, dass Sie momentan unter starkem Stress stehen. Sei es beruflicher oder privater Stress. Aber nicht nur der Stress, der von Außen auf unsere Psyche einwirkt, ist gemeint, sondern auch der Stress, der unser Körper durchmacht. Ist unser Körper z.B. mit einer Erkältung oder einer anderen Krankheit beschäftigt, so steht er unter Stress. Das Ohr scheint dann wie ein Überdruckventil zu funktionieren und sagt zu uns: STOP! MACH LANGSAM! SCHALTE EINEN GANG ZURÜCK!

KOMMT DER HÖRSTURZ IMMER WIEDER?

Eigentlich sollte man genau das denken. Es wäre auch logisch, aber dem ist leider nicht so. Ich musste mich da auch belehren lassen. Nur ca 3-4 Prozent derer, die schon einmal einen Hörsturz hatten, können einen solchen wieder bekommen. Dies ist also nicht die Regel, sondern die Ausnahme.

WAS? KORTISON? ICH NEHME KEIN KORTISON!

Das ist dann eine Entscheidung, die Ihnen zusteht. Es gibt aber sonst keinerlei Medikamente, die jemals einen Wirksamkeitsnachweis erbracht haben. Es gibt eine Spontanheilungsrate bis zu 60 Prozent, also können sie hoffen, dass diese auch bei ihnen eintritt. Je nach Schweregrad des Hörsturz kann man schon abwarten. Tritt nach 24 bis 48 Stunden keine Besserung ein, sollte man sich für eine Therapie entscheiden.

NATURHEILKUNDE BEI HÖRSTURZ

Der Schatz der Natur bietet auch einiges zur “Behandlung” an. Neben Ginkgo Präparaten kann man auch Akupunktur oder die Homöopathie zur Therapie einsetzen. Studien, die eine Wirksamkeit von Ginkgo belegen, liegen jedoch nicht vor. Somit ist von einer alleinigen Primärbehandlung abzuraten. Man kann diese Behandlungen unterstützend einsetzen.