Dreht sich alles – aber warum? Die 5 häufigsten Ursachen für Schwindel aus HNO-Sicht
Schwindel gehört zu den häufigsten Beschwerden in der Allgemeinmedizin – und betrifft Menschen jeden Alters. Ob plötzliches Drehen, ein Gefühl wie „Boden unter den Füßen verlieren“ oder ständiges Schwanken: Schwindel kann beängstigend sein. Besonders oft liegen die Ursachen im Bereich des Gleichgewichtsorgans im Innenohr. In diesem Artikel geben wir einen fundierten, gut verständlichen Überblick: Welche Schwindelarten sind häufig? Was steckt dahinter? Und wann ist eine medizinische Abklärung sinnvoll?
1. Lagerungsschwindel – harmlos, aber heftig
Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel (BPLS) ist die häufigste Schwindelform. Er tritt plötzlich auf – meist beim Umdrehen im Bett, beim Hinlegen oder Aufrichten. Betroffene berichten oft: „Beim Drehen im Bett hat sich alles gedreht – aber nach ein paar Sekunden war es vorbei.“
Ursache:
Im Innenohr befinden sich kleine Kristalle (Otolithen), die bei bestimmten Kopfbewegungen verrutschen und Sinneszellen reizen. Das führt zu einem kurzen, aber intensiven Drehschwindel.
Typisch:
- Plötzlicher Drehschwindel bei Lagewechsel
- Dauert meist weniger als 60 Sekunden
- Keine Begleitsymptome wie Hörverlust oder Tinnitus
Behandlung:
Oft helfen spezielle Lagerungsübungen, z. B. das Epley-Manöver, um die Kristalle zurück an ihren Platz zu bringen.
2. Vestibularis-Neuritis – Schwindel oft nach Virusinfekt
Die Vestibularis-Neuritis ist eine Entzündung des Gleichgewichtsnervs, oft nach einem Infekt. Sie tritt plötzlich auf und kann stark einschränken.
Symptome:
- Akuter Drehschwindel über Stunden oder Tage
- Übelkeit, Erbrechen
- Kein Hörverlust
Ursache:
Ein Zusammenhang mit Virusinfektionen (z. B. Herpesviren) wird vermutet. Das Innenohr bleibt intakt, aber der Gleichgewichtsnerv sendet gestörte Signale ans Gehirn.
Therapie:
In der Akutphase helfen Medikamente gegen Übelkeit. Danach unterstützen gezielte Gleichgewichtsübungen die Regeneration.
3. Morbus Menière – wenn Schwindel, Tinnitus und Hörverlust zusammenkommen
Morbus Menière ist eine Erkrankung des Innenohrs, die schubweise auftritt und besonders belastend sein kann.
Typische Symptome:
- Anfallsartiger Drehschwindel (Minuten bis Stunden)
- Ohrgeräusche (Tinnitus)
- Einseitiger Hörverlust
Ursache:
Ein Zuviel an Flüssigkeit im Innenohr (Endolymphhydrops) bringt das Gleichgewicht durcheinander. Die genaue Ursache ist unklar.
Therapie:
Je nach Ausprägung medikamentös, diätetisch (z. B. salzarm), physikalisch oder operativ.
4. Gleichgewichtsstörungen durch Kreislaufprobleme
Manchmal liegt der Grund für Schwindel nicht im Ohr, sondern im Blutdruck oder Kreislaufsystem. Besonders bei älteren Menschen tritt häufig die sogenannte orthostatische Hypotonie auf.
Hinweise:
- Tritt bei Lagewechsel auf
- Gefühl der Schwäche statt Drehschwindel
- Besser nach Bewegung oder Flüssigkeitsaufnahme
Was hilft?
Blutdruckkontrolle, ausreichendes Trinken, langsam aufstehen. Bei Unsicherheit sollte ärztlich abgeklärt werden, ob das Gleichgewichtsorgan beteiligt ist.
5. Schwindel bei Migräne – die stille Form
Viele wissen nicht: Es gibt Migräne mit Schwindel – auch ohne Kopfschmerz. Die sogenannte vestibuläre Migräne ist weit verbreitet und wird oft übersehen.
Typisch:
- Schwindelattacken (Sekunden bis Stunden)
- Oft Licht- oder Geräuschempfindlichkeit
- Familiäre Migränebelastung
Diagnose:
Die Abgrenzung zu anderen Schwindelformen ist anspruchsvoll. Eine ausführliche Anamnese hilft weiter.
Wann ist ärztliche Abklärung sinnvoll?
In folgenden Fällen sollte Schwindel unbedingt medizinisch abgeklärt werden:
- Plötzlicher, starker Schwindel ohne erkennbare Ursache
- Zusätzliche Symptome wie Hörverlust, Doppelbilder oder Sprachstörungen
- Neu auftretende Gangunsicherheit
- Schwindel nach einem Sturz oder Unfall
Wichtig: Schwindel kann in seltenen Fällen auch Hinweis auf einen Schlaganfall sein. Zögern Sie in Notfällen nicht, den Notruf zu wählen.
Fazit
Schwindel kann viele Ursachen haben – das Gleichgewichtsorgan im Innenohr spielt dabei eine zentrale Rolle. Die gute Nachricht: Viele Formen sind gut behandelbar. Wissen hilft, unnötige Sorgen zu vermeiden – und die richtigen Schritte einzuleiten.
Quellen: