Neue Studie untersucht Kortison-Injektionen bei Morbus Menière
Morbus Menière ist eine Erkrankung des Innenohrs, die sich durch wiederkehrende Schwindelanfälle, Hörminderung, Tinnitus und Druckgefühl im Ohr äußert. Für viele Betroffene bedeuten die Symptome eine starke Einschränkung der Lebensqualität. Neben allgemeinen Maßnahmen wie salzarmer Ernährung und Medikamenten werden auch gezielte Behandlungen mit Kortison direkt ins Mittelohr angewendet – sogenannte intratympanale Injektionen.
Doch wie gut wirken diese Kortison-Injektionen wirklich? Eine groß angelegte neue Studie aus den Niederlanden, die sogenannte PREDMEN-Studie, untersucht nun diese Frage auf hohem wissenschaftlichem Niveau.
Worum geht es in der PREDMEN-Studie?
Die PREDMEN-Studie (The PREDnisolone in MENière’s Disease trial) ist eine Phase-3-Studie mit dem Ziel, die Wirksamkeit von intratympanalem Methylprednisolon im Vergleich zu einem Placebo (Kochsalzlösung) zu beurteilen. Sie wird in sechs Krankenhäusern in den Niederlanden durchgeführt und ist als doppelblinde, randomisierte und placebokontrollierte Studie konzipiert – dem Goldstandard klinischer Forschung.
Insgesamt sollen 148 Patientinnen und Patienten mit einseitigem Morbus Menière in die Studie aufgenommen werden. Sie erhalten entweder eine Injektion mit Kortison (Methylprednisolon 62,5 mg/ml) oder eine Injektion mit Kochsalzlösung – jeweils zu Beginn der Studie und erneut nach zwei Wochen.
Was wird genau untersucht?
Ziel der Studie ist es, herauszufinden, ob die Kortison-Injektionen die Anzahl und Schwere der Schwindelanfälle reduzieren können. Dabei wird die Häufigkeit der Attacken über ein Jahr hinweg beobachtet.
Die wichtigsten Punkte im Überblick:
- Zielgröße: Anzahl der Schwindelanfälle pro Patient.
- Messung: Mit Hilfe einer App („DizzyQuest“) erfassen die Teilnehmenden ihre Beschwerden täglich.
- Weitere untersuchte Faktoren:
- Hörvermögen
- Tinnitus-Belastung
- Lebensqualität
- Nebenwirkungen und Sicherheit
- Notwendigkeit zusätzlicher Behandlungen
- Wirtschaftlichkeit (Kosten-Nutzen-Verhältnis)
Warum ist diese Studie wichtig?
Bisherige Studien zu diesem Thema waren oft klein und methodisch schwach. Eine Cochrane-Übersichtsarbeit aus der Vergangenheit wies explizit darauf hin, dass eine größere, gut durchgeführte Studie dringend notwendig sei. Die PREDMEN-Studie erfüllt nun genau diese Anforderungen.
Die Ergebnisse werden helfen zu klären, ob intratympanales Kortison eine sinnvolle Behandlungsoption bei Morbus Menière ist – und für welche Patienten besonders.
Wie funktioniert eine intratympanale Kortison-Injektion?
Bei dieser Behandlung wird eine kleine Menge Kortisonlösung direkt durch das Trommelfell in das Mittelohr eingebracht. Dort kann der Wirkstoff über das sogenannte „Rundfenster“ ins Innenohr gelangen. Die Injektion erfolgt in der Regel ambulant unter lokaler Betäubung. Der Eingriff dauert nur wenige Minuten und ist wenig belastend.
Was erwartet man sich von der Behandlung?
Kortison soll durch seine entzündungshemmende Wirkung eine Reizung des Innenohrs lindern und dadurch die Schwindelattacken reduzieren. Im Unterschied zu Gentamicin (einer alternativen Therapie, siehe vorheriger Blogartikel) ist das Risiko für eine Hörverschlechterung deutlich geringer. Es handelt sich also um eine vergleichsweise schonende Option.
Wann sind erste Ergebnisse zu erwarten?
Die Patientennachbeobachtung dauert insgesamt zwölf Monate. Erste Ergebnisse könnten frühestens Ende 2025 veröffentlicht werden. Da es sich um eine hochwertige Studie handelt, werden ihre Daten voraussichtlich in Fachzeitschriften publiziert und auf internationalen Kongressen vorgestellt.
Was bedeutet das für Betroffene?
Die PREDMEN-Studie liefert hoffentlich bald verlässliche Daten darüber, wie wirksam Kortison-Injektionen gegen die Schwindelanfälle bei Morbus Menière sind. Bis dahin bleibt die Entscheidung für oder gegen eine solche Behandlung eine individuelle Frage – abhängig vom Beschwerdebild, bisherigen Therapieversuchen und der Beratung durch den behandelnden Arzt.
Quelle:
Boreel MME, van Esch B, Schermer TR, et al. The effectiveness of intratympanic injections with methylPREDnisolon versus placebo in the treatment of vertigo attacks in MENière’s disease (PREDMEN trial): a study protocol for a phase-3 multicentre, double-blinded, randomised, placebo-controlled trial. BMJ Open. 2024 Aug;14(8):e076872. PMID: 39209781. PMCID: PMC11367374