Der Morbus Menière zählt zu den eher seltenen, aber für die Betroffenen sehr belastenden Erkrankungen des Innenohrs. Typisch ist das Auftreten anfallsartiger Schwindelattacken, begleitet von Ohrgeräuschen (Tinnitus), einem Druckgefühl im Ohr und meist einseitiger Hörminderung. Die Ursache ist nicht vollständig geklärt. Vermutet wird eine Fehlregulation des Endolymphvolumens im Innenohr, was zu einem sogenannten endolymphatischen Hydrops führt.
In der klassischen HNO-Medizin stehen medikamentöse und – in schweren Fällen – auch interventionelle Therapien im Vordergrund. Doch zunehmend interessieren sich Patientinnen und Patienten für ergänzende Maßnahmen, um den Körper zu unterstützen. Dieser Beitrag beleuchtet begleitende Optionen aus dem Bereich Ernährung, Mikronährstoffversorgung und Pflanzenmedizin. Dabei ist zu beachten: Die vorgestellten Inhalte dienen ausschließlich der Information und ersetzen keine ärztliche Beratung oder Behandlung.
1. Ziel unterstützender Maßnahmen
Begleitende Maßnahmen haben zum Ziel:
- Die Häufigkeit und Intensität der Schwindelattacken zu reduzieren,
- den Allgemeinzustand zu stabilisieren,
- Stressreaktionen zu dämpfen,
- antioxidative Schutzmechanismen zu fördern,
- den Flüssigkeitshaushalt zu regulieren und
- entzündlichen Vorgängen vorzubeugen.
2. Ernährung: Einfach, aber wirkungsvoll
Die Ernährung kann keinen Schub verhindern, aber Einfluss auf auslösende Faktoren wie Kreislaufinstabilität oder Entzündungsprozesse nehmen.
Empfohlene Grundprinzipien:
- Salzreduktion: Eine natriumarme Ernährung (z. B. < 1500 mg/Tag) kann helfen, Flüssigkeitseinlagerungen im Innenohr zu minimieren. Verzichtet werden sollte auf stark verarbeitete Lebensmittel, Wurstwaren und salzhaltige Snacks.
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr: 1,5–2 Liter Wasser oder ungesüßter Kräutertee täglich unterstützen eine stabile Hydratation.
- Verzicht auf Triggerstoffe: Alkohol, Koffein und Nikotin werden von vielen Betroffenen als Auslöser von Schwindelattacken beschrieben. Hier ist individuelle Beobachtung sinnvoll.
- Antientzündliche Kost: Gemüsebetonte, mediterrane Ernährungsmuster mit viel Blattgrün, Beeren, Fisch und pflanzlichen Ölen können den oxidativen Stress verringern.
3. Mikronährstoffe: Unterstützung auf zellulärer Ebene
Hinweis: Die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln sollte grundsätzlich mit einer medizinischen Fachperson abgestimmt werden. Besonders bei paralleler Medikamenteneinnahme sind mögliche Wechselwirkungen zu berücksichtigen.
Potenzielle Unterstützer:
- Ginkgo biloba (standardisierter Extrakt EGb 761): Kann die Mikrozirkulation im Innenohr fördern und antioxidativ wirken. Wird traditionell bei Tinnitus und Schwindel verwendet.
- Magnesium: Wirkt gefäßerweiternd, entspannend auf die Muskulatur und kann vegetative Reizbarkeit mindern.
- Vitamin B6 & B12: Wichtig für die Nervenfunktion und Regeneration. Ein Mangel kann zu sensiblen Störungen führen und sollte labordiagnostisch ausgeschlossen werden.
- Coenzym Q10: Als zellulärer „Energieüberträger“ in den Mitochondrien könnte CoQ10 bei Energiemangelzuständen der Haarzellen unterstützend wirken.
- Omega-3-Fettsäuren (EPA/DHA): Besitzen entzündungshemmende Eigenschaften, die sich positiv auf das Innenohrmilieu auswirken könnten.
Evidenz: Während einige dieser Mikronährstoffe in kleineren Studien oder Erfahrungsberichten positive Effekte gezeigt haben, fehlen bislang umfassende randomisierte kontrollierte Studien zur Wirkung beim Morbus Menière.
4. Heilpflanzen: Traditionelle Begleiter bei Gleichgewichtsstörungen
Viele Pflanzenstoffe können eine harmonisierende Wirkung auf das vegetative Nervensystem entfalten oder spezifische Symptome wie Übelkeit, Unruhe oder Ohrgeräusche lindern.
Pflanzen mit möglichem Nutzen:
- Ingwer (Zingiber officinale): Antiemetisch, entzündungshemmend und zirkulationsfördernd. Kann bei schwindelassoziierter Übelkeit unterstützend wirken (z. B. als Tee, Extrakt oder Kapsel).
- Mistel (Viscum album): In der anthroposophischen Medizin wird Mistel zur Regulation des autonomen Nervensystems genutzt. Die Studienlage zur Wirkung bei Schwindel ist begrenzt.
- Baldrian & Passionsblume: Unterstützen bei innerer Unruhe, Anspannung und Schlafstörungen, die den Verlauf negativ beeinflussen können.
- Weißdorn (Crataegus): Fördert die Herzleistung und Durchblutung, was sich günstig auf Kreislaufschwankungen auswirken kann.
Hinweis: Die Selbstmedikation mit Heilpflanzen sollte stets verantwortungsvoll erfolgen. Standardisierte Extrakte sind vorzuziehen. Bei bestehenden Erkrankungen oder Medikamenteneinnahme ist ärztlicher Rat unerlässlich.
5. Stressregulation & Schlaf: Schlüssel zur Stabilität
Morbus Menière reagiert bei vielen Betroffenen sensibel auf psychischen Stress. Eine gute Stressbewältigung kann somit wesentlicher Bestandteil der unterstützenden Behandlung sein.
Empfehlenswerte Maßnahmen:
- Regelmäßige Bewegung an der frischen Luft
- Entspannungstechniken (z. B. progressive Muskelentspannung, Atemübungen)
- Schlafhygiene (regelmäßiger Schlafrhythmus, Bildschirmpause vor dem Zubettgehen)
- Tagebuch führen: zur Erkennung individueller Auslöser
6. Was sagt die Wissenschaft?
In den letzten Jahren wurde vermehrt untersucht, inwieweit Lebensstilfaktoren und orthomolekulare Ergänzungen Einfluss auf Erkrankungen des Innenohrs nehmen können.
Zunehmend setzt sich die Erkenntnis durch, dass eine multimodale Herangehensweise – bestehend aus medikamentöser Therapie, Lebensstilmodifikation, audiologischer Versorgung und naturheilkundlicher Begleitung – zu besseren Langzeitergebnissen führen kann.
7. Rechtlicher Hinweis
Die in diesem Artikel dargestellten Informationen dienen der allgemeinen Aufklärung und sollen Patienten helfen, sich über begleitende Maßnahmen bei Morbus Menière zu informieren. Sie ersetzen nicht die fachliche Beratung durch einen Arzt oder eine andere medizinische Fachperson. Auch die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln oder pflanzlichen Präparaten sollte stets individuell abgeklärt werden. Es werden keine Heilversprechen abgegeben.
Quellen:
- Hesse G. „Innenohrschwerhörigkeit und konventionelle Hörgeräte“, in: HNO Update 2024/2025
- Schmäl F. „Vestibuläre Störungen“, in: HNO Update 2024/2025
- Mazurek B. „Tinnitus“, in: HNO Update 2024/2025
- Fischer H.P.A., Dietz D. Antworten auf Ihre Fragen – DMSO & Co., 3. Aufl. 2023